Interview – Nick 13 von Tiger Army im Gespräch

Tiger Army

 

Mit Retrofuture haben die Psychobilly-Ikonen “Tiger Army” ein brandneues Album am Start, das vertraut und doch irgendwie neu klingt. Wir haben uns vor dem Auftakt der Deutschlandtour mit Frontmann Nick 13 darüber unterhalten, welche Einflüsse “Retrofuture” prägen, was er persönlich an Musik mag und was Fans live erwartet. 

RR: Nick 13, Tiger Army hat inzwischen einen langen Weg zurückgelegt und viele Besetzungswechsel hinter sich. Wie schaffst du es, deine Begeisterung für die Band aufrechtzuerhalten?

Nick 13: Die Band ist meine Leidenschaft – aber ich nehme nur dann ein neues Album auf, wenn ich etwas habe, das ich mit Musik ausdrücken möchte. Wir haben nie den Fehler macht, Alben nach einem Zeitplan zu machen, um Tourpläne zu erfüllen. Wir touren auch nur, wenn wir wollen. Ich glaube nicht daran, auf der Bühne oder im Studio zu sein, wenn man nicht zu 100 Prozent mit dem Herzen dabei ist.

RR: Wie bist du auf den Namen “Retrofuture” gekommen und in welcher Weise spiegeln die Songs auf der Platte diesen Namen wider?

Nich 13: Ich dachte, dieses eine Wort ist die perfekte Beschreibung unserer Musik. Schließlich basiert die auf der Tradition des Rock’n’ Roll mit Gitarren, Verstärkern und Effekten, die vor allem aus den 1950er und 60er Jahren stammen, aber sie ist kein Versuch, die Vergangenheit nachzubilden. Musikalisch geht es darum, nach vorne zu schauen, mit Songwriting und musikalischen Elementen von heute.

 

Beim Schreiben von “Eyes Of The Night” habe ich an Discharche gedacht

RR: “Retrofuture” klingt für mich so, als ob Du beim Schreiben und Aufnehmen der Musik von vielen verschiedenen Musikstilen beeinflusst wurdest. Was waren Deine größten Einflüsse und Inspirationen?

Nick 13: Nachdem ich einige Jahre lang hauptsächlich Akustikgitarre gespielt habe, was mit meiner Solomusik zusammenhängt, bin ich wieder zur E-Gitarre zurückgekehrt. Instrumentalisten aus den frühen Jahren des Rock’n’ Roll wie Duane Eddy, Dick Dale, Link Wray und The Shadows waren mir in den letzten Jahren alle wichtig. Latin Music, wie man sie überall in Los Angeles hört. Sogar Hardcore-Punk – ich habe beim Schreiben von “Eyes Of The Night” an Discharge gedacht. Die frühen 60er Jahre Elvis, Rickey Nelson, The Beatles. Britischer Darkwave und Powerpop sind auch Einflüsse, zum Beispiel in “Shadowlight”.

RR: Für viele Menschen ähneln sich “Retrofuture” und “V—” und unterscheiden sich gleichzeitig von früheren Tiger Army Platten – auch indem sie mehr “Retro” klingen. Würdest du dem zustimmen und in welcher Weise hat “V—” ein neues Kapitel in der “Bandgeschichte” aufgeschlagen? Ist die musikalische Vergangenheit für dich wichtiger geworden?

Nick 13: Ich glaube nicht, dass die Vergangenheit wichtiger geworden ist, aber meine Fähigkeit, sie als musikalische Referenz zu verwenden, ist gestiegen. Sie war von Anfang an als Einfluss präsent, aber manchmal mehr als Idee. Ich kam zunächst als Musiker aus dem Punk und habe mir das Spielen größtenteils selbst beigebracht. Das und die Tatsache, dass ich in einem Trio spiele, in dem ich auch singe, machte es manchmal schwer, die Klänge, die ich in meinem Kopf hörte, zu verwirklichen. Aber mit mehr Erfahrung ist es einfacher geworden, und der Sound hat sich weiterentwickelt. V —‘ und Retrofuture sind in gewisser Weise verwandt, aber sie unterscheiden sich auch stark voneinander. Retrofuture’ ist rauer und komplett gitarrenbasiert. Außerdem stecken mehr direkte Punk-Einflüsse darin, obwohl die Einflüsse der späten 50er / frühen 60er Jahre von ‘V —‘ immer noch da sind und wir sie in einigen Fällen weiter verfolgen.

 

Ich suche nach Musik, die nach vorne schaut

RR: Ich habe in einem anderen Interview gelesen, dass du nicht sooo begeistert von einem großen Teil aktueller Musik bist. Was ist mit Psychobilly im Besonderen?  Gibt es neue Bands und Trends, die Du besonders interessant findest?

Nick 13: Ich suche nach Musik, die nach vorne schaut. Rockabilly-Puristen vergessen, dass Elvis, Scotty & Bill 1954 etwas völlig Neues getan haben, und Genres wie Hillbilly und Bluegrass mit Rhythm & Blues kombiniert haben, was Puristen gehasst haben. Und Psychobilly hat in seinen Anfängen Rockabilly mit Surf, Garage und Punk gemischt, was Rockabilly-Puristen nicht akzeptiert haben. Ich hoffe also, dass Psychobilly diese zukunftsweisende Perspektive beibehält und nicht “Regeln” folgt, denn das ist für mich musikalische Langeweile. Die Bands, die ich mag, sind diejenigen, die ihr eigenes Ding machen und nicht Teil eines Trends sind.

RR: Um auf den Begriff “Retrofuturismus” zurückzukommen: Wie stellst Du Dir moderne Musik in 30 Jahren vor?

Nick 13: Wahrscheinlich nicht gut, haha! Man weiß nie – die Gitarre hat in den letzten Jahren, zumindest in der Mainstream-Kultur, stark an Bedeutung verloren, aber ich hoffe immer auf ein Revival und dass neue Generationen die Musik der Vergangenheit entdecken und damit etwas Neues und Cooles machen werden.

RR: Du kommst sehr bald nach Deutschland. Was können Fans von der “Retrofuture”-Tour erwarten – abgesehen von guter Musik?

Nick 13: Wir kommen von einer kompletten US-Tournee, also sind wir eingegroovt! Wir werden natürlich einige neue Songs spielen, aber wir spielen immer einen Mix aus all unseren Alben im Set und ändern die Setliste regelmäßig während der Tour. Es wird eine Menge Spaß machen, und es könnte für eine ganze Weile unser letztes Mal in Deutschland  sein, also wenn du uns sehen willst, warte lieber nicht!

 

Tourdaten Tiger Army:

15.11.2019: Hannover – Indiego Glocksee
16.11.2019: Leipzig Conne Island

17.11.2019: Hamburg – Fabrik
19.11.2019: München – Strom
20.11.2019: Wien (AT) – Arena
22.11.2019: Berlin – Lido
23.11.2019: Bochum – Matrix
Support: GRAVE PLEASURES + THE SEWER RATS (DE only)

Foto:

Travis Shinn