Frauen in den 50er-Jahren: Warum Rock’n’Roll die Ausnahme war

Mit wehenden Petticoats auf ins Abenteuer? Für die meisten Frauen in den 50er-Jahren sah die Realität ganz anders aus. Denn speziell Männer hatten konkrete Vorstellungen davon, was frau zu tun und zu lassen hatte.

Frauenarbeit ist Hausarbeit und Hausarbeit ist keine Arbeit

Während des zweiten Weltkrieges und in den unmittelbaren Nachkriegsjahren hatten viele Frauen in Deutschland Aufgaben übernommen, die bis dahin Männersache gewesen waren. Doch spätestens zum Übergang in die 50er-Jahre war damit weitgehend Schluss. Das galt für Deutschland genauso wie für die USA. Mit der Rückkehr der Männer von der Front sollten die Frauen zurück an den Herd, möglichst schnell und möglichst alle. Schließlich bestand die zentrale Bestimmung von Frauen in den 50er-Jahren darin, “Mutter und Hausfrau” zu sein. Oder, wie es in einer Werbung für Dr. Oetker hieß: “Eine Frau hat zwei Lebensfragen: Was soll ich anziehen und was soll ich kochen?”

Dass die zentrale Rolle von Frauen in den 50er-Jahren die der Hausfrau war, predigten nicht nur zeitgenössische Zeitschriften. Es war sogar im Bürgerlichen Gesetzbuch festgeschrieben. Demnach war der Mann bis in den 70er-Jahre hinein Versorger und Haushaltsvorstand und musste seine Zustimmung geben, wenn seine Frau einen Job annehmen wollte. Wenn er sie nicht gab? Nun ja, dann kümmerte sie sich zum Beispiel um die vielen neuen Haushaltsgeräte, die in den 50ern die Wohnungen eroberten, allen voran die Waschmaschine. Dabei sollte sie selbstverständlich Wert auf ein adrettes Erscheinungsbild legen. Schließlich gab es mit all den praktischen Helfern keinen Grund mehr, sich für die Hausarbeit nicht schick zu machen.

“Heinzelmännchen in der Wohnung? Gewiß! Die moderne Hausfrau steht heute mit den Heinzelmännchen auf gutem Fuß: Sie kennt die Mittel, durch die man mit weniger Anstrengung mehr leistet. Für die Wäsche nimmt sie nur das neue Wipp-perfekt. Da geht das Waschen leichter von der Hand. Alle Wäsche wird so herrlich sauber und duftig frisch, wie man es sich nur wünschen kann. Und frisch und munter erscheint die Hausfrau dem staunenden Ehemann, der es gar nicht fassen kann, daß sie nach so viel Arbeit noch so vergnügt ist.” (Zeitschriftenwerbung)

Ich will keinen Mann…?

Also lieber Schokolade als einen Mann? Auch schwierig. Denn während das Unverheiratet- und/oder Singlesein heute für Frauen eine legitime Wahlmöglichkeit darstellt – zumindest in westlichen Gesellschaften -, war es in den 50er-Jahren ein echter Makel. Der zeigte sich nicht nur darin, dass die betreffende Frau als “alte Jungfer” abgestempelt wurde, die keinen abgekriegt hat. Er war außerdem ein Hindernis bei der Wohnungssuche und vielen anderen Gelegenheiten im Alltag.

Titelbild Gabriele

Eine Wunschvorstellung in den 50er-Jahren: Die Sekretärin, die noch im Auto tipps.

Kein Wunder, dass Ratgeber mit Titeln wie “So fängt man einen Mann” hoch im Kurs standen. Ebenso beliebt: Fachliteratur für die perfekte Hausfrau. Oder zum Beispiel die perfekte Sekretärin. Denn einige wenige Jobs gab es, die schienen wie geschaffen für die holde Weiblichkeit. Für sie gab es  die Zeitschrift Gabriele. Die perfekte Sekretärin. 

All das verfolgte selbstverständlich keinen anderen Zweck, als den, Frauen zu ihrem Glück zu verhelfen. “Und das bedeutet für die wirkliche Frau noch immer: In erster Linie Gattin und Mutter zu sein.” behauptete die Libelle für die Frau 1957. Und die Gleichberechtigung? Die “ersetzt noch keinen Mann” stellte Wochenend fest.

Weibliche Rock’n’Roll-Stars – rebellische Frauen in den 50er-Jahren

Bei alldem ist es kein Wunder, dass die Zahl der weiblichen Rock’n’Roll Stars dünn gesät war. Schließlich erschien es zeitgenössischen Moralaposteln schon schlimm genug, dass es Männer gab, die sich der Teufelsmusik und ihren animalischen Rhythmen verschrieben hatten.

Auch die tonangebenden Figuren in der Musikindustrie, allesamt Männer, wiesen Frauen vor allem einen Platz vor der Bühne zu. Alternativ durften sie romantische Balladen von sich geben, natürlich im züchtigen Bühnenoutfit. Dabei galt selbst für die girl bands, die in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts die Radiowellen eroberten, dass sie zu tun hatten, was ihr Manager beziehungsweise Produzent für gut befand. Als gut aussehende Vehikel für Hit Songs wurde ihnen keine künstlerische Freiheit zugestanden.

Doch die gute Nachricht zum Schluss: Mit dem Aufkommen von Rock’n’Roll gelang zumindest einigen wenigen Frauen der Durchbruch, die keine Lust hatten, sich der männlichen Dominanz zu beugen. Einige gehörten sogar zu seinen Pionieren, darunter die gitarrespielende Gospellegende Sister Rosetta Tharpe, Cordell Jackson oder Big Mama Thornton, die noch vor Elvis den “Hound Dog” besang. Und auch Rockabillystar Wanda Jackson half mit, ein Stück weit ein neues Frauenbild in der Musikindustrie zu verankerten. Damit trugen diese Frauen ein klein wenig dazu bei, dass sich die Rolle der Frau in der Gesellschaft wandelte. Ein langsamer und zäher Prozess, der erst zehn Jahre nach dem Durchbruch von  Elvis so richtig an Fahrt aufnehmen sollte.

Titelbild:

Memories of the 50s by Paul Townshend/CC BY-SA 2.0