Built not Bought – Motorama Rosmalen 2014

Die schlechte Nachricht zuerst: an niederländischen Autobahntankstellen gibt es kein Bier. Trotzdem sind wir für euch mit 130 km/h erlaubter Höchstgeschwindigkeit weiter ins Landesinnere vorgekrochen. Fällt der Bericht über die Rockin’ Jalopy’s Motorama halt etwas nüchterner aus.

Motorama hieß von 1949 bis -61 der Prototypen- und Concept-Car-Wanderzirkus von General Motors. Jedes Jahr tourte Amerikas größter Autokonzern durchs Land und präsentierte die abgefahrensten Studien in Sachen Individualmobilität. Kids vom Land drückten sich die Nasen an Plexiglaskuppeln platt und träumten davon, mit den joystickgesteuerten Asphalt-Ufos gasturbinenbefeuert über hochgelegte Highways durch Zukunftsstädte zu brennen. Die Ur-Motorama war im Jet- und Space-Age-Zeitalter ein Fenster in eine optimistische Zukunft, in der Flottenverbräuche und Schadstoffklassen zum Glück keine Rolle spielten. Nach über fünfzig Jahren sind wir schlauer und ernüchtert. Niemand prügelt im turbinengetriebenen Firebird III XP-73 durch Weltraumstädte, stattdessen stehen wir täglich mit Toyota Yaris, Daihatsu Cuore und anderen Joghurtbechern aus Fernost im Stau, während die Zukunft eher düster als optimistisch aussieht. Die Welt dreht sich um befristete Arbeitsverträge und niemand spricht mehr von einer dauerhaften Besiedlung des Mondes.

Deshalb ist die seit 2009 stattfindende niederländische Motorama in Rosmalen ein Fenster in die Vergangenheit und keine Neuwagenmesse. Die sechste Auflage der Indoor Traditional Hot Rod & Custom Show war sogar ohne Fahrbier großartig. Oldstyle Hot Rods und Custom Cars bis unters Dach! Das Land Speed Belgium Team hatte seinen von Rumble 59 gesponsorten Belly Tank Racer mitgebracht, das niederländische Chapter des Jesters Car Club stellte unter anderem den gut abgehangenen und als Leergutsammelstelle bekannten 55er Mercury Montclair aus, und wer klein mit dem Thema Hot Rodding anfangen wollte, konnte sich für relativ schmale 5.800 Euro einen radikalen Eigenbau-Rod bestehend aus Vorkriegs-Fiat-Teilen und mit Ford-V4 vom Stand der Bare Metal Garage mitnehmen. Wie man den Bock zugelassen bekommt, ist ein anderes Problem. Das Angebot richtete sich wohl in erster Linie an Deadend Cruiser in abgelegener Wohnlage.

Die Szene wächst und entwickelt sich stetig weiter, der Bestand an geilen, alten Customs und Rods aus den Zwanziger- bis Sechzigerjahren in Europa ist mittlerweile gewaltig. Trotz einer Übermacht von Toyotas und Daihatsus auf den Straßen also kein Grund, auschließlich pessimistisch in die Zukunft zu blicken. Wer V8 fährt, will ja auch gar nicht auf dem Mond leben.

Text & Fotos: Norman Gocke